Schule feiert Zukunft - Ein Interview mit Tedros Tewelde vom PxP Festival
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Bildung ist von entscheidender Bedeutung für junge Menschen, da sie ihnen nicht nur Wissen und Fähigkeiten vermittelt, sondern auch ihre persönliche Entwicklung fördert. Angesichts des Fachkräftemangels und des rapiden Wandels ist es besonders wichtig, junge Menschen auf die Anforderungen der Zukunft vorzubereiten.
In diesem Zusammenhang haben wir uns mit Teddy Tewelde, Co-Founder von PxP Emabssy e.V, einer Charity, die es sich zum Ziel gesetzt hat, Kinder durch Bildung zu stärken. Teddy betont die Bedeutung einer Bildungsreform, die den Schwerpunkt auf die Vermittlung von Future Skills legt, um junge Menschen flexibel, kreativ und innovativ zu befähigen.
In dem folgenden Artikel werfen wir einen Blick auf den inspirierenden Austausch mit Teddy und seine Vision einer verbesserten Bildung, die junge Menschen auf die Anforderungen der Zukunft vorbereitet.
Stell dich doch einmal kurz vor. Wer bist du und warum sprechen wir heute?
Mein Name ist Teddy. Mein Partner Fetsum Sebhat und ich sind die Initiatoren des PxP Festivals und Mitbegründer vom PxP Embassy e.V.. Das Festival machen wir bereits seit 2016 und es hat mittlerweile schon drei Mal in Berlin stattgefunden - 2016, 2017 und 2019. In diesem Jahr streben wir die vierte Episode, am 17. und 18. Juni hier in Berlin, an.
PXP Foto:
Teddy Tewelde und Fetsum Sebhat PXP One
Warum steht das Festival gerade in diesem Jahr unter dem Thema der Bildungsreform?
Sehr guter Punkt! Das ist ein tatsächlicher Wandel des originalen PxP Festivals, wie es ursprünglich gestartet ist. Da müssen wir ein wenig in der Historie zurückgehen. 2015 / 2016 - über eine Million Flüchtlinge, Migranten und andere Schutzsuchende reisen nach Deutschland. Mein Partner und ich waren von den ganzen Bildern enorm aufgewühlt und betroffen. Diese Thematik ist ein großer Teil unserer Biografie. Denn auch wir sind damals, als sogenannte “Flüchtlingskinder” in Deutschland angekommen. Die ganzen Menschenmassen, die versucht haben nach Deutschland zu kommen, vor allem jungen Menschen. Da haben wir gesagt, dass es uns nicht egal sein kann.
Zu diesem Zeitpunkt gab es viele tolle Menschen, die viele großartige Dinge gemacht haben. Uns fiel nichts Besseres ein 😉, als ein großes Festival auf die Beine zu stellen und damit laut zu sein und aufmerksam zu machen. Und auch laut dahingehend zu sein, dass wir das nicht tolerieren und nicht hinnehmen werden und den Leuten aufzeigen, dass alle Menschen willkommen sind. Mit diesem Gedanken und der Message sind wir dann rausgegangen.
Was aber viel wichtiger war, sind die ganzen Künstler:innen, die uns supportet haben. Erst mit ihrer Unterstützung konnten wir dieses Festival auf die Beine stellen. Und zu unserem Erstaunen sind dann bei dem ersten PxP Festival in der Waldbühne Berlin 22.000 Menschen gekommen und folgten der Message. Die Resonanz des Festivals war auf allen Ebenen, politischer, gesellschaftlicher, bundesweiter und sogar internationaler Ebene überschwänglich.
Warum Berlin?
Ist man ein Freigeist und möchte Dinge neu denken und ausprobieren, dann würde ich jetzt lauthals behaupten, die einzige Stadt in der Republik, die diese Möglichkeiten bietet, ist Berlin. Dinge anders denken, anders machen - dazu gehört unser Festival. Und es ist jetzt nicht so, dass es das komplett neueste Ding auf diesem Planeten ist, aber zumindest wirst du nicht sofort als verrückt erklärt, sondern wirst du vielleicht auch viele Gleichgesinnte finden.
Berlin ist nicht nur Hauptstadt, sie ist auch eine Millionenmetropole. Dementsprechend hat man hier natürlich ganz andere Rahmenbedingung und Voraussetzungen. Themen mit Signalwirkung, die überregionaler Natur sind oder auch internationaler Natur, müssen in der Bundeshauptstadt passieren.
Kannst du nochmal genauer beschreiben, wer die Zielgruppe ist?
Auf dem diesjährigen PxP Festival sind natürlich, wie auf jedem Festival, erst mal alle willkommen. Aber wenn wir dann ein bisschen spezifischer werden, dann geht es bei dem Thema Bildung in erster Linie um das Schulpersonal und die Lehrerschaft, die in der Schule und in der dazugehörigen Thematik drin sind und mit den Herausforderungen, die wir alle haben, ob das jetzt in Berlin, bundesweit oder weltweit ist, konfrontiert sind.
Innerhalb unseres Events möchten wir über die Zukunft der Schule und Bildung sprechen und dass wir ein Update brauchen. Die Bildung braucht ein Update. In unserem Schulsystem wird immer noch, wie vor 40-50 Jahren unterrichtet. Das ist eine riesige Diskrepanz zur Realität. Was braucht der Arbeitsmarkt? Welche Skills haben die jungen Menschen heute? Sind sie überhaupt fit für den Arbeitsmarkt, mit dem, was in der Schule unterrichtet wird oder nicht? Und da gibt es einen riesen Gap!
Jede Person, die selbst Kinder hat und mit dem Thema wieder in Berührung kommt, merkt schnell: „Oh ja, das ist genau das gleiche Zeug, was ich damals auch gelernt habe“. Und irgendwie gibt es da keinen Fortschritt und keine Veränderung. Nicht, dass alles schlecht ist, was in der Vergangenheit gemacht wurde, aber es braucht an der ein oder anderen Stelle ein bisschen, vielleicht ein bisschen viel, an Innovation, an Veränderung, auch an der Methodik. Wie vermitteln wir die relevanten Themen in der Pädagogik? Worauf müssen wir heute Rücksicht nehmen?
Die andere wichtige Zielgruppe sind die jungen Menschen. Wir wollen nicht über sie sprechen, sondern mit ihnen. Es ist einfach nicht schön, über andere zu reden, nach dem Motto „Hey, du musst das jetzt so machen“, sondern ist es doch viel besser, im Dialog zu sein. Wir wollen mit ihnen Dinge besprechen, mit ihnen erleben, ihnen zeigen, von ihnen hören, von ihnen lernen. Mit dem PxP Festival ist eine Plattform und damit viele Möglichkeiten gegeben in den Austausch zu gehen. Schnittstelle sind dabei die betreuenden Personen.
Es gibt sogar noch eine weitere Zielgruppe, die wir explizit nicht aufgerufen haben, aber ihr auch eine Plattform geben möchten: Das ist die Verwaltung - nicht die Politik, sondern die Verwaltung. Viele Schritte müssen gemacht werden, gerade, was die Schule betrifft. Es scheitert jedoch oft an vielen verwaltungstechnischen Schwierigkeiten, Voraussetzungen und Rahmenbedingungen. Wir sehen dabei das Festival als eine Chance und Möglichkeit, miteinander zu sprechen und Erfahrungen auszutauschen.
In erster Linie ist das PxP aber ein Festival und soll keine reine Konferenz darstellen. Natürlich haben wir Teile der Konferenz mit dabei, die fachspezifischer Natur sind, aber wir möchten auch feiern. Und dafür haben wir auch den passenden Slogan dieses Jahr „Schule feiert Zukunft“. Das heißt, wir meckern nicht nur und beschweren uns. Wir wollen vor allem das Gefühl haben und geben, dass Bildung auch echt geil sein kann.
Mit welchen Inhalten holt ihr die Zielgruppen ab?
Das PxP Festival findet dieses Mal an zwei Tagen statt. In der Vergangenheit war es immer nur ein Tag, was aber daran lag, dass wir ein reines Musikfestival waren. Bei dem diesjährigen Thema waren wir uns bewusst, dass es so unterschiedlich gefühlt und dargelegt wird und es einfach diesen Raum bzw. Zeit braucht, um darüber zu sprechen.
Für das PxP Festival wurde das FEZ-Berlin mit 130.000 qm Fläche angemietet - es wird am 17. und 18. Juni zum größten und coolsten Klassenzimmer Europas.
Am 17.6.2023 steht der Indoorbereich des FEZ-Geländes ganz im Zeichen der Zukunft. Unter dem Motto "Schule feiert Zukunft" erwartet die Besucher:innen eine vielfältige Veranstaltung. Neben Talkrunden wird es auch vier Workshops geben, in denen gemeinsam mit innovativen Bildungsakteur:innen neue Szenarien für zukunftsfähige Schulen entwickelt werden.
Am 18.06. steht dann das Thema "Future Skills for a Future Generation" im Mittelpunkt. Bei der Fachtagung werden Lehrpersonen, Fachpersonal und außerschulische Bildungsakteur:innen befähigt, neue Konzepte, Unterrichtsmethoden und Lernumgebungen zu etablieren, welche die Zukunftskompetenzen junger Menschen fördern. Im Outdoor-Bereich des FEZ-Geländes erwarten die Besucherinnen zudem Informationsstände und Bühnen, die mit ihrem Festival-Flair eine ganz besondere Atmosphäre schaffen.
Wir haben einfach auch Top Keynotes mit inspirierenden Speaker:innen mit dabei wie Verena Pausder, Sami Khedira, Andreas Schleicher, BobBlume oder Laura Malina Seiler, die ihre spannenden Visionen darüber teilen, wie die Zukunft des Lernens in Schulen aussehen kann. Z.B. wird der Fußballweltmeister Sami Khedira über das Thema Motivation und Einstellung sprechen.
Wir möchten u.a. das Thema Future Skills erläutern. Was sind die Zukunftskompetenzen, die junge Menschen brauchen? Für sich selbst, aber auch für den Arbeitsmarkt der Zukunft. Und da gehört nicht nur rein fachliches Wissen zu. Es geht nicht nur darum, dass du Coding kannst oder Robotik, sondern kommen auch ganz „komische“ Sachen wie Achtsamkeit oder auch Empathie zutage. Wann lernen wir sowas und was bedeutet das?
Ich glaube, wir brauchen in einer Welt, die sich so dramatisch und schnell verändert und auch in der Komplexität herausfordert, andere Herangehensweisen.
Was kannst du zu dem Thema Fachkräftemangel sagen?
Wir haben ja eine traurige Zahl, die lautet: 50.000 Schulabbrecher:innen in einem Jahr. Und da müssen wir reden, gemeinsam miteinander reden. Das hat natürlich auch ein bisschen was mit Corona zu tun. Viele müssen sich dann die Fragen stellen: Warum wurde die Schule abgebrochen? Wie geht es mir dabei? Was sind die Konsequenzen?
Wir können es uns als Wirtschaft oder auch als Land nicht leisten, nur ein einziges Kind auf der Strecke zu verlieren, und als Gesellschaft schon gar nicht. Doch wenn wir schon so viele junge Menschen hier in der Millionenmetropole haben, dann ist es vielleicht auch an der Wirtschaft gelegen, sie frühzeitig abzuholen und nicht erst am Ende des Studiums oder der Schule.
Ich unterrichte in einer Schule in Reinickendorf und ich behaupte, dass die Schwierigkeiten und Voraussetzung oder Herausforderung bei den jungen Menschen genau dort sind. Es fehlt einfach eine gewisse Perspektive – eine Person, die ihnen die Tür zu der großen weiten Welt öffnet. Klar, wir wissen, dass unsere Stadt viele Herausforderungen mit sich bringt. Und trotzdem denke ich, dass es ein Leichtes sein kann, ein Kind in diesen jungen Jahren zu inspirieren.
Das PXP Festival ist eine gute Chance, durch persönliche Begegnungen in den Austausch zu kommen. Unternehmen können die Möglichkeit nutzen, sich hier ganz anders aufzustellen. Und ich habe es fast schon untersagt, dass Firmen, die dann bei uns auftauchen, im Anzug kommen und nur einen Flyer verteilen. Ich möchte nicht, dass es junge Menschen abschreckt, sondern dass es einladend ist und Spaß macht.
Welche Rolle spielen Verena Pausder und #wirfürschule?
Wie bereits erwähnt, lag der Fokus in der Vergangenheit primär auf der Thematik „Kinder in Not“ und „Kinder auf der Flucht“. Dadurch konnten wir international und weltweit Projekte unterstützen und dabei bis zu 100.000 Kindern durch Bildungsprojekte helfen.
Nachdem wir das Festival und die Thematik ein wenig gewandelt haben, möchten wir das nicht als eigene Idee proklamieren und sagen, dass das nur von uns gemacht wird. Im Gegenteil, es gibt so viele tolle Initiativen da draußen, so viele gute, fitte Menschen in diesem Themenbereich. Wir möchten am liebsten viele Profis und Expert:innen unter einem Dach sehen. Und dann haben wir gesagt, dass wir mal nach draußen gehen und schauen, wer Interesse hat. Wer würde diesen Gedanken denn mitgehen wollen?
Zu unserem Erstaunen haben sich bereits nach dem ersten Treffen, mehr als 30 Initiativen gemeldet, die mitwirken möchten. Und eine davon, eine der Hauptinitiativen des Festivals, ist #wirfürschule mit Verena Pausder, die bei dem Event als Speakerin dabei sein wird. Wir kooperieren aber auch mit dem Education Innovation Lab, der Helga Breuninger Stiftung, dem Teach First Deutschland und SV-Bildungswerk. Das sind so die Kerninitiativen, die den Event inhaltlich mitgestalten und kuratieren.
Magst du noch abschließend etwas loswerden?
Ich glaube, das steht der Stadt ganz gut, wenn wir uns mit dem PxP Festival für das Thema Bildung groß machen. Wir feiern gerne die und in der Stadt, deswegen wird es keine langweilige Bildungskonferenz - wir feiern Schule! Ich wünsche mir persönlich, dass es ein Signal aus Berlin heraus, für eines der schwierigsten und komplexesten Themen wird, welches wir angehen, feiern und was vielleicht von anderen Ländern adaptiert wird: „Hey, guckt euch das mal in Berlin an, was die da auf die Beine gestellt haben!“. Und dann spielt ihr als Berlin Convention Bureau wieder eine Rolle und helft uns, das mit ins Ausland zu bringen.
Unser Fazit
Das PxP Festival ist ein absolut unverzichtbarer Bestandteil im Bildungssektor. Es begeistert und engagiert sowohl Lehrkräfte als auch Schüler:innen und trägt maßgeblich dazu bei, junge Menschen auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten. Mit seiner inspirierenden Atmosphäre, den hochkarätigen Keynotes und den interaktiven Workshops schafft das Festival eine einzigartige Plattform für den Austausch und die Diskussion über die dringend benötigte Bildungsreform und die Vermittlung von Future Skills.
Das PxP Festival ist mehr als nur ein Event - es ist das beste Beispiel für den Wandel und den Wunsch nach einer besseren Bildung. Die Vielfalt der Initiativen und die breite Unterstützung, die dem Festival zuteilwird, zeigen deutlich, dass es einen dringenden Bedarf an Veränderungen im Bildungssystem gibt.
Insgesamt ist das PxP Festival Veranstaltung aus Leidenschaft, die den Blick auf die Bildung erweitert und diejenigen zusammenbringt, die daran interessiert sind, die Bildungslandschaft zu verbessern. Es soll den Grundstein für eine zukunftsorientierte und innovative Bildung legen und uns daran erinnert, dass wir gemeinsam die Verantwortung tragen, die nächsten Generationen auf eine erfolgreiche Zukunft vorzubereiten.
Das PxP Festival ist das größte Bildungsfestival, welches am 17.06. unter dem Motto „Schule feiert Zukunft“ mehr als 1.200 Vertreter:innen aus Politik, Wissenschaft und Bildungspraxis aus dem In- und Ausland zusammenbringt, um über mögliche Lösungsansätze für die Bildungslandschaft zu diskutieren.
Die Fachtagung „Future Skills for Future Generations“ wird am 18.6.2023 Lehrpersonen, Fachpersonal und außerschulische Bildungsakteur:innen befähigen, neue Konzepte, Unterrichtsmethoden und Lernumgebungen zu etablieren, die Zukunftskompetenzen fördern und somit junge Menschen befähigen, ihre Zukunft mitzugestalten.
Teddy Tewelde, ein engagierter Unternehmer und einer der Gründer des PxP Embassy e.V., spielt eine wichtige Rolle im Team, das das PxP-Festival ins Leben gerufen hat - ein bedeutendes Benefizfestival für Kinder in Europa. Der PxP Embassy e.V. widmet sich der Umsetzung und Unterstützung von Bildungsprojekten für Kinder, die neu in Deutschland angekommen sind und aus finanziell benachteiligten Haushalten stammen. Teddy wurde als Sohn von Eltern geboren, die in Eritrea für die Freiheit kämpften, und kam Anfang der 1980er Jahre als Flüchtlingskind nach Deutschland. Im Jahr 2008 entschied er sich, seine Karriere in der freien Wirtschaft hinter sich zu lassen, um ein eigenes Modeunternehmen zu gründen. Im Jahr 2016 gründete er dann gemeinsam mit dem Musiker Fetsum Sebhat den PxP Embassy e.V., um die Unterstützung von Kindern in Not weiter voranzutreiben.
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